Montag, 3. Mai 2010

Technik | News: Wie sieht die Zukunft unser Mobilität aus? Elektroautos derzeit auf der Überholspur

Elektroautos sind die Zukunft, das scheint zumindest die aktuelle Meinung von Politik und Wirtschaft zu sein. Auf dem heutigen Gipfel zur Elektromobilität, sollen die Bemühungen von Industrie und Forschung die Elektrotechnik in Verkehr und Transport voranzubringen gezielt vernetzt werden. Außerdem scheint es aber, dass auch die Bevölkerung davon überzeugt werden soll, dass mit Strom betriebene Fahrzeuge nun doch Benzinern, Dieseln, Wasserstofflern und anderen Konzepten überlegen sind.

Eine Million E-Autos auf Deutschlands Straßen bis 2020, so lautet das Ziel der Bundeskanzlerin Merkel, CDU. Derzeit sind rund 40 Mio. Fahrzeuge in Deutschland zugelassen, im diesem Jahrzehnt soll also rund ein vierzigstel der Fahrzeugflotte elektrifiziert werden. Bei einer durchschnittlichen Rate von rund 3 Mio Neuzulassungen pro Jahr in Deutschland, müsste also ab sofort rund jedes dreißigste neue Auto eine Elektroauto sein.
Auch das klingt noch nicht so wahnsinnig viel, doch wenn man erkennt, dass auf dem deutschen Automobilmarkt zumindest von den großen Marken noch kein einziges Serienfahrzeug als Elektroauto zu erwerben ist, wird verständlich, warum ein Großteil der Brachenkenner den Vorstoß der Kanzlerin belächelt.
Die Industrie geht davon aus, dass aktuelle E-Projekte in ca 3-4 Jahren die Serienreife erreichen, dann aber bislang nur als Kleinserien geplant sind. Unter anderem wird als Grund hierfür die Zurückhaltung der Politik zu mögliche Zusagen betreffend Subventionen und Unterstützungen genannt.

Bezug nehmend auf den Elektromobiltätsgipfel hatte Bundesverkehrsminister Ramsauer, CSU, staatliche Prämien zum Kauf von Elektroautos zurückgewiesen jedoch andere Anreize wie zum Beispiel kostenlose Parkplätze oder die Freigabe für Busspuren für E-Autos in Aussicht gestellt.
Einige deutsche Autoexperten und Autozulieferer unterstützen diese Haltung mit der Begründung, dass die Entwicklung von Strom-betriebenen Fahrzeugen noch lange nicht so weit fortgeschritten sei, um mit Kaufanreizen die Verbreitung merklich voranzutreiben. Die wenigen verfügbaren Fahrzeuge kommen derzeit vorrangig aus Fernost, wo die Forschung bereits vor Jahrzehnten intensiviert wurde und die Vernetzung der Forschungsunternehmungen deutlich besser funktioniert.

Auch die 500 Mio Euro der Bundesregierung, zur Förderung der Elektromobilität, werden in Fachkreisen kritisch betrachtet, da die Forschungsgelder nicht in zentral organisierte Projekte gehen werden und so die industriepolitische Wirkung verpuffen könnte. Als Gegenbeispiel wird China angeführt, welches ganz klar definierte Ziele für die jeweiligen Forschungszentren formuliert hat und diese zentral sammelt.

Ein weiteres Land welches mit wehenden Fahnen auf die Elektrotechnik setzt ist Israel.
Aktuell startet dort die Erprobungsphase eines Fahrzeugs, welches von der israelischen Firma Better Place und Renault entwickelt wurde. Um das Fahrzeug alltagstauglich zu machen sollen über 100 Servicestationen errichtet werden, in welchen in wenigen Augenblicken eine schwache Batterie gegen eine volle ausgewechselt werden soll. Die israelische Regierung wird den Plan des Firmenchefs von Better Place, Shai Agassi, in den kommenden 6 Jahren mindestens 100 tausend Fahrzeuge abzusetzen, mit Subventionen unterstützen. Stützpfeiler der Vision sind vergleichsweise günstige Kaufpreise für Elektroautos, da die etwa 10 000 Dollar teure Batterie nicht mitgekauft werden muss, sondern von Better Place verliehen wird und vergleichsweise dann wie bei einer Handykarte wieder aufgeladen werden muss. Der Visionär Agassi warnte in einem Gespräch mit Verkehrsminister Ramsauer, dass Deutschland deutlich aufholen müsse um den Trend nicht zu verpassen.

Opel-Chef Nick Reilly forderte, in einem Interview mit dem Tagesspiegel, zwar auch eine Subventionierung von E-Autos um "die Nachfrage anfangs zu stimulieren, da revolutionäre neue Technologien zu Beginn immer teuer sind" aber äußerte auch den Wunsch nach standardisierten Normen für Europa, z.B. für Stecker, Ladesysteme und Batterien um teure Parallelentwicklungen zu vermeiden.
Die EU-Kommission hatte Ende April einen Schritt in diese Richtung getan und einen Aktionsplan zur Förderung umweltfreundfreundlicher Fahrzeuge beschlossen, welcher auch die Erstellung von Standards für Batterien, Investitionshilfen oder Sicherheitsvorschriften vorsieht.

Skeptiker fragen sich jedoch ob die Entwicklung in Richtung Elektroauto wirklich so sinnvoll ist, schließlich wurden vor wenigen Jahren noch das Wasserstoffauto mit der Brennstoffzelle, Biosprit oder anderer alternative Antriebsformen als DIE Zukunftsperspektive gehypt.
Rückendeckung erhalten sie zumindest nur teilweise aus den Reihen von Umweltverbänden, welche neben der Entsorgungsproblematik der großen Batterien auch den geringen ökologischen Vorteil gegenüber effizienten Verbrennungsmotoren, unter Berücksichtigung der beiden deutschen Hauptstromquellen Kohle und Atomkraft, bemängelen. Der Greenpeace-Verkehrsexperte, Wolfgang Lohbeck, äußert sich hierzu folgendermaßen: "Elektroautos sind keine Null-Emissionsfahrzeuge, sondern beim jetzigen Strommix sogar für den Klimaschutz schädlicher als Autos mit Verbrennungsmotoren.".
Laut Greenpeace liege auf absehbare Zeit mehr Potential für Co2-Einsparungen in der Optimierung von Verbrennungsmotoren. Dass Automobile mit einem Kohlenstoffdioxidausstoß von unter 60- 70g pro km möglich seien, sei bewiesen und es liege nun an den Automobilherstellern etwas zu unternehmen.

Ich denke es ist durchaus wichtig die Entwicklung von Elektroautos kritisch zu betrachten, aber in Anbetracht der Endlichkeit der Ölreserven muss eine Alternative gefunden werden. Dass damit der Stromverbrauch steigt und die Problematik, die Stromgewinnung aus erneuerbaren Energien zu bestreiten, verschärft wird, wird wohl in Kauf genommen werden müssen. Ob das Elektroauto sich im Endeffekt durchsetzen wird, wird sich zeigen. Dies hängt sicherlich auch davon ab in welchem Maße andere Technologien Fortschritte zu verzeichnen haben werden z.B. wenn ein Weg der effizienten Wasserstoffsynthetisierung gefunden werden würde....



Quellen: SZ.de: 1, 2, 3, 4; Handelsblatt.com: 5, 6, 7; taz.de: 8
Bildnachweis: "Elektro Auto" von K.Nelkert   Manche Rechte vorbehalten

Artikel mit ähnlicher Thematik:



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen